Das Thomas-Evangelium: mit Kommentaren - Softcover

Im Thomasevangelium geht es anders als in den biblischen Schriften, in denen der Glauben im Mittelpunkt steht, ums persönliche Erwachen. Damit ist ein Erkennen des inneren Kosmos gemeint, der nichts andere als den Geist des Erwachenden darstellt. Das Thomasevangelium wurde 1945 in in einer Höhle in der Nähe des Dorfes Nag Hamadi entdeckt. Es ist die bedeutendste Schrift unter den dort aufgefundenen Dokumenten, weil es wie die "Spruchquelle Q" - die von den Evangelisten Mathäus und Lukas besonders in der Bergpredikt (Mt) oder Feldpredikt (Lk) verarbeitet wurde - auf den historischen Jesus zurückgeht, und damit noch älter ist, als das älteste Markusevangelium. Es bietet Einblick in die Lehre, von Jesus an seinem inneren Zirkel, dessen wichtigstes Mitglied Maria Magdalena war. Sein Verhältnis und die Bedeutung von Maria Magdalena liegt neben ihrer Rolle als seiner Gefährtin und Muse vor allem in ihrem Verständnis seiner Lehre. Eine ähnliche Meister-Schüler Beziehung wird in folgender Buddhageschichte berichtet: "Als der Buddha sich in den Grdhrakuta-Bergen befand, drehte er eine Blume zwischen seinen Fingern und hielt sie seinen Zuhörern hin. Ein jeder war still. Nur Maha-Kashapa lächelte bei dieser Offenbarung, obwohl er versuchte, seine Miene zu beherrschen. Buddha sagte: `Ich habe das Auge der wahren Lehre, das Herz des Nirvana, den wahren Aspekt der Nicht-Form und den fehlerlosen Fluss des Dharma. Dies ist nicht in Worten auszudrücken, sondern wird jenseits des Lehrens auf besondere Weise vermittelt. Diese Lehre habe ich Maha-Kashapa gegeben.`" Die auf persönliche Erkenntnis (Gnosis) und Erleuchtung ausgerichteten Unterweisungen wurden nicht in die kanonischen Evangelien aufgenommen, entweder weil die Kirche keine Erleuchtung sondern Abhängigkeit wollte. Maria Magdalena, die einzige, die Jesus verstand wurde ins Abseits gedrängt. Das Thomasevangelium wurde von der Kirche als gnostisch gebrandmarkt, also als häretisch, obwohl es weder gnostisch noch häretisch ist. Es ist nur ursprünglicher und damit ganzheitlicher und erfahrungsorientierter als die von der biblischen Sammlung auf uns überkommenen Schriften. Es ist ein großes Geschenk an unsere Zeit. Allerdings sind seine Aussagen für den ungeschulten Geist nicht leicht verständlich, da seine Sprache allzu fremd ist und es von einem Geisteszustand spricht, der tiefer, weiter und höher reicht, als das zerstreute Gewahrsein des alltäglichen westlichen Geistes. Dieses Buch von Peter Bernhard führt den Leser in die seltsame Welt eines erleuchteten Bewusstseins ein, die für das Ego grotesk erscheint. Der Schüler dieser Schrift lernt im Paradox zu leben, das Ego zu transzendieren und so in sich, in der Weite des inneren Herzens Gott zu finden. Dies ist nur der erste Schritt des Erwachens. Der zweite Schritt besteht darin, diese Nähe zu Gott auszudehnen und in die Welt zu tragen, so wie Jesus es von seinen Jüngern wollte. Der Schüler soll jetzt nicht mehr das "Evangelium" verbreiten, keine kirchliche Lehre mehr, wohl aber die gute Nachricht von der Einheit des Geistes in Gott, die zu Mitgefühl, Fürsorge, Liebe führt. Der zentrale Punkt der Erkenntnis ist es, dass die äußere Welt nur die Widerspiegelung der inneren ist. Wenn der unendliche Schöpfer im Inneren leuchten darf, können im Außen Wunder geschehen und das Leben in Frieden und Fülle dahinfließen. Das ist die Gabe Jesu an die Menschen des 21. Jahrhunderts, die vom Christentum spirituell enttäuscht sind und sich dennoch weiterhin zu Jesus hingezogen fühlen. Durch die Kommentare von Peter Bernhard wird dieses Buch zu einem spannenden Übungsweg, der uns weit jenseits unseres alltäglichen Bewusstseins in die Höhe, Weite und Tiefe führt, kurz in die Essenz unseres Geistes.