Kunst & Grafik

KUNKEL FINE ART im Portrait

Alexander Kunkel
Alexander Kunkel - Kunkel Fine Art

Das Antiquariat wird oft als ein kultivierter, jedoch leicht verstaubter Ort der seltenen und sammelnswerten Bücher verstanden. Diese Sichtweise verliert zunehmend an Aktualität, denn der Anteil von Kunst und Papierantiquitäten auf dem Antiquariatsmarkt nimmt weiterhin stark zu. Im Unterschied zu einer spezialisierten Kunstgalerie legt das Antiquariat jedoch meist keinen Schwerpunkt auf bestimmte Künstler, Stilrichtungen oder Epochen. Ähnlich wie das Antiquariat gilt auch der Kunsthandel häufig als ein träger Zeitgenosse, der dem Wandel kritisch gegenüber steht. Durch junge Kunsthändler und neue Ausstellungsformate weht auch hier seit einigen Jahren ein frischer Wind durch die Szene.

Im persönlichen Gespräch mit Kunsthändler Alexander Kunkel haben wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Kunstwelt und des Antiquariatshandels erörtert und einige interessante Einblicke in Arbeitsweise und Schwerpunkte der Kunstgalerie KUNKEL FINE ART erhalten.

Was fasziniert Sie an der Kunstwelt?

Kunstwerke sind seit jeher Ausdruck von Kreativität und Gestaltungswillen. Sie spiegeln historische Prozesse sowie kulturelle Eigenheiten, aber auch die individuelle Auseinandersetzung eines schöpferisch veranlagten Menschen mit den Phänomenen seiner Umwelt wider. Durch die Kunstwelt und insbesondere den Kunstmarkt können wir in unmittelbare Berührung treten mit einer schier unüberblickbaren Vielzahl dieser Relikte der Vergangenheit. Hierdurch werden intellektuelle wie ästhetische Fragen aufgeworfen, die erstaunlich aktuell sind. Die Kunstwelt ist ein tägliches Abenteuer.

Welche Schnittstellen bestehen für Sie zwischen der Antiquariatswelt und der Kunstwelt?
Die augenfälligste Schnittstelle zwischen der Antiquariatswelt und der Kunstwelt liegt wohl im Medium Papier. In Europa ist es seit dem Mittelalter der primäre Schriftträger, ebenso eines der zentralen Utensilien künstlerischen Ausdrucks. Dass sich Buch-, Druck- und Zeichenkunst häufig nicht nur gegenseitig durchdringen, sondern auch kongenial ergänzen, lässt sich von Dürer bis Picasso beobachten. Menschen, die sich mit Artefakten aus Papier beschäftigen, egal ob Wissenschaftler, Händler oder Sammler, zeichnen sich durch eine besondere Sensibilität aus, die der Intimität des Mediums entspricht. Liebhaber von Büchern wie Zeichnungen sind also durchaus „artverwandte“ Typen. Die Welt der works on paper ist nicht der Orchestergraben, sondern die Kammermusik.

Sie nennen das Stichwort works on paper (dt. auch Arbeiten auf Papier). Worin liegt darin für Sie der besondere Reiz?

Works on paper – Zeichnungen, Druckgrafiken und Fotografien – sind eine Welt für sich. Jedes der Gebiete ist im Hinblick auf seine technischen Voraussetzungen und ästhetischen Gestaltungsmöglichkeiten ungemein vielseitig, ebenso wie das Buch. Als ich mich während meines Studiums auf die Kunst des mittleren 19. bis frühen 20. Jahrhunderts zu spezialisieren begann, weckten Zeichnungen sehr bald mein Interesse. Sie geben dem Künstler die Möglichkeit, seinen Ideen unmittelbar und spontan Ausdruck zu verleihen, sei es mit der Feder, dem Pinsel oder dem Stift. Oft ist schon mit wenigen Linien und Strichen das wichtigste gesagt, zudem tritt die Handschrift des Künstlers so deutlich wie in kaum einem anderen Medium hervor. Sie sind auch ideal geeignet, um den eigenen Blick zu schulen und ein Gefühl für allgemeine wie individuelle stilistische Charakteristika zu entwickeln. Dass Zeichnungen namhafter Künstler oft preiswerter sind als deren Gemälde oder Skulpturen, erschien mir schon als Student nicht als Nachteil.

Haben Sie ein Lieblingskünstler bzw. ein Lieblingskunstwerk?

"Die Heimkehr" - Originalzeichnung von Heinrich Kley

Während meines Studiums und danach habe ich Leben und Werk des Künstlers Heinrich Kley (1863-1945) erforscht. Als Mitarbeiter der Zeitschriften Jugend und Simplicissimus war er um 1900 sehr bekannt, geriet aber schon in den 1920er Jahren annähernd in Vergessenheit. Durch die Aufarbeitung seiner Biographie und seines Schaffens, welches beispielsweise die Zeichentrickfilme von Walt Disney maßgeblich beeinflusst hat, habe ich eine tiefe Verbundenheit zu dem Künstler, der als "Meister der Zeichenfeder" galt. Am liebsten sind mir seine Tiergrotesken, in denen er menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen ins Tierreich überträgt.

Wie gehen Sie als Kunsthändler bei der Auswahl Ihrer Objekte vor?

Noch bevor ich mich als Kunsthändler selbständig gemacht habe, war mir klar, dass ich kein Generalist werden wollte. Die Spezialisierung auf Werke deutschsprachiger Künstler zwischen 1850 und 1930 ist einerseits persönlicher Neigung geschuldet, folgt andererseits einer einfachen Geschäftsidee: mit dem Oeuvre der von mir gehandelten Künstler will ich mich gut auskennen, meine Expertise hierzu stetig ausbauen. Als Kunsthändler denke ich sowohl für mich als auch für meine Kunden wie ein Anleger. Ich konzentriere mich auf die oberen 10 Prozent der Qualität im Schaffen eines Künstlers. Faktoren wie gute Provenienz, erstklassiger Erhaltungszustand, kunsthistorische Bedeutung und künstlerische Aussagekraft sind dabei ausschlaggebend. Erfüllt ein Objekt diese Kriterien ist es zwar meist deutlich teurer als ein Werk von niedrigerer Qualität, verspricht mittel- bis langfristig aber ein sehr viel höheres Wertsteigerungspotential.

Das ist aber nur der merkantile Teil. Der Erwerb eines Kunstwerks hat doch immer auch etwas mit Lust und Leidenschaft zu tun? Wie verlocken Sie die Sammler?

Meines Erachtens ist es wichtig, eine „eigene Handschrift“ als Kunsthändler zu entwickeln. Nicht nur durch die Konzentration auf bestimmte Künstler, sondern auch die Art der Präsentation versuche ich das Interesse bei alten wie neuen Sammlern zu wecken. Beispielsweise verzichte ich bei meinen Messeständen auf eine dichte Hängung, das Einzelobjekt soll zur Geltung kommen. Zugleich mache ich mir bereits lange im Voraus Gedanken, welche Kunstwerke ich neben welche hänge. Oft strebe ich „aufschlussreiche Nachbarschaften“ an, indem ich Werke unterschiedlicher Künstler miteinander kombiniere, die historisch, motivisch und stilistisch mittel- bzw. unmittelbar miteinander in Verbindung stehen. Es macht Spaß, wie ein Ausstellungskurator Interdependenzen zwischen bestimmten Objekten aufzuzeigen und auf diese Weise Besucher zum „aktiven Betrachten“ zu animieren. So komme ich häufig mit mir zuvor unbekannten Sammlern ins Gespräch. Dieses Prinzip verfolge ich sowohl auf Messen als auch in eigenen Ausstellungen.

"Die Dompteuse" - Originalzeichnung von Paul Meyerheim

Welches Kunstwerk ist das wertvollste in Ihrem Bestand und warum?

Das wertvollste Kunstwerk in meinem derzeitigen Bestand ist eine Ölskizze von Franz von Stuck zu seinem Gemälde "Luzifer" (1890). Das Bild gilt als Schlüsselwerk der europäischen Malerei des Symbolismus und wurde unmittelbar nach seiner Entstehung von König Ferdinand I von Bulgarien aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha erworben. Heute befindet es sich in der Nationalgalerie in Sofia. Bereits in der fulminanten Ölskizze mit dem Originalrahmen, die mit 240.000.- Euro angesetzt ist, sind alle wesentlichen Elemente der späteren Komposition enthalten. Besonders interessant erscheint, dass sich der junge Stuck in der Gestalt des Luzifer - dem gefallenen Erzengel - selbst dargestellt hat. Damit ist das Werk auch ein biographisches Schlüsselwerk des Münchner Malerfürsten.

Was ist das ausgefallenste Werk, das Sie bislang gehandelt haben?

Die Frage führt uns wieder zu Franz von Stuck. Kurze Zeit nach dem "Luzifer" behandelte der junge Künstler das Motiv "Das Haupt der Medusa" (1892). Für die in schillernden Farben angelegte Pastellzeichnung entwarf er einen Rahmen, der die Darstellung um die dritte Dimension erweitert und sich auf den mythologischen Inhalt des Themas bezieht. Ein Schlangenleib, in dem drei blinde Spiegel eingelassen sind, die auf die Blendung der Medusa durch das Schild des Perseus anspielen. 2015 hatte ich das Werk auf der HIGHLIGHTS - Internationale Kunstmesse München gezeigt und noch vor Messebeginn für einen sechsstelligen Betrag an einen bedeutenden Sammler verkauft. Ein Jahr später war es das Plakat-Motiv einer umfassenden Stuck-Retrospektive im Museum Belvedere in Wien, wo es, auf mehrere Meter vergrößert, in der ganzen Stadt von hunderten von Litfaßsäulen die Fußgänger das Gruseln lehrte. Ein Anblick, den man so schnell nicht vergisst.

"Das Haupt der Medusa"  von Franz von Stuck

Zum Schluss: Sowohl von Antiquaren als auch Kunsthändlern hört man, dass es an jungen Sammlern fehlt. Wie beurteilen Sie die Situation und wie wirken Sie ihr entgegen?

Häufig mache ich auf Messen die Beobachtung, dass Händler jüngeren Menschen eher skeptisch gegenüberstehen und sich nur selten bemühen, aktiv auf sie zuzugehen. Dabei liegt gerade bei diesen Menschen die Zukunft! Vielleicht lassen es ihre finanziellen Möglichkeiten heute noch nicht zu, etwas zu erwerben, aber garantiert werden sie sich später einmal an den Händler erinnern, der sich für sie Zeit genommen und ernsthaft ihre Fragen beantwortet hat. Zudem geht es darum, jungen Menschen die Schwellenangst zu nehmen, was ja schon bei der Frage nach dem Preis für ein Objekt beginnt. Auf Messen wie in Ausstellungen zeichne ich daher grundsätzlich alle Objekte im vier- und fünfstelligen Euro-Bereich aus. Ferner führe ich auf meiner Homepage die Kategorie „Young Collectors“, in der sämtliche Werke unter 10.000.- Euro abrufbar sind. Aber am wichtigsten: als Kunsthändler muss ich mich dem potentiellen Sammler im Alter von 30 Jahren mit genau demselben Engagement widmen, wie dem passionierten Kunstkäufer der älteren Generation.

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