Reflections of India: Text dtsch.-engl.

Aus westlichem Blickwinkel ist Indien zu exotisch, um das Land zu verstehen. Jede Annäherung, auch die künstlerische, ist somit individuell und wird dann interessant, wenn ein Fotograf wie André Wagner Spannendes zu erzählen hat. Sein persönlicher Schlüssel zu Indien erschließt sich nicht sofort nach den ersten Seiten. Reflections of India beginnt mit Alltagsszenen auf der Straße und Kinderdarstellungen, danach folgen Fotos von Landschaft und Landwirtschaft. Dieser Anfang bereitet die Grundstimmung für den Rest des über 200 Seiten dicken Bandes. In vielschichtigen Fotos zeigt André Wagner Pilger, heilige Stätten und religiöse Handlungen. Er sucht das Spirituelle, die Mystik in diesem fremden Land. Reflections of India ist mehr als eine Fotoserie, es handelt sich im Grunde um einen sorgsam komponierten Bilderroman. Und wie jeden Roman liest man ihn am besten von vorne nach hinten. Nichts lenkt dabei vom Eindruck der Bilder ab. Titel und Erläuterungen stehen beispielsweise erst am Ende des Buchs. André Wagners untrügliches Talent für Komposition und Farbe kennzeichnen das Fotobuch. Immer wieder stößt man auf wahrhaft zeitlose Bilder, häufig mit Wasserflächen im Vordergrund und immer mit einer außergewöhnlichen Lichtgebung. Diese Bilder stechen heraus. Ein geschickter Schachzug, denn damit lässt der Fotograf gar nicht erst den Eindruck aufkommen, fotojournalistisch zu arbeiten. Sein Zugang ist vielmehr spirituell und assoziativ, nicht investigativ. Reflections of India sind auch Reflections of André Wagner, denn das Werk zeigt, dass der Weg dieses Fotografen noch lange nicht zu Ende ist. --Jürgen Rink