Beschreibung
Grass, Günter, 1927-2015. Der Butt. Darmstadt: Luchterhand, 1977, 2. Auflage, 693pp., worn dust-jacket with some tears around edges, very good blue cloth, light wear. Text in German. - An einem schönen Sommertag gegen Ende der Jungsteinzeit fischt der Fischer Edek da, wo Jahrtausende später die Stadt Danzig stehen wird, einen ungewöhnlichen Fisch aus der Ostsee. Er kann sprechen, er scheint uralt und allwissend, er will dem Fischer von nun an in jeder Lebenslage mit Rat beistehen, und das ist der Anfang einer langen Geschichte, die erst in unseren Tagen vorläufig endet. Wie der Fisch, ein Butt, ist fortan auch der Fischer unsterblich. Er läßt die Steinzeit und damit die fürsorgliche Herrschaft der Frauen hinter sich, er verliert den Glauben an Aua, die dreibrüstige Köchin und deshalb Priesterin zugleich, er setzt, vom Butt beraten und gedrängt, Vaterrecht gegen Mutterrecht und findet sich doch in jeder Zeitweil, von Jahrhundert zu Jahrhundert und während längst die Männer Geschichte machen, im Schatten von Frauen wieder. Immer ist es eine Köchin, der er anhängt; immer wird er, wie schon zu Auas Zeiten, gegen die Zeit gerührt. Für Wigga brennt er in der Bronzezeit Kohle und versucht vergeblich, mit derVölkerwanderung davonzulaufen; für Mestwina hütet er in der Eisenzeit Schafe und ist zugleich der Bischof Adalbert, der von Mestwina erschlagen wird. Als Schwertfeger Albrecht Slichting heiratet er im 14. Jahrhundert Dorothea von Montau, eine Heilige, eine Hexe und Köchin, die täglich Fastensuppen kocht. Zu dieser Zeit ist die Stadt Danzig bald hundertfünfzig Jahre alt. Im 16. Jahrhundert, in Martin Luthers Tagen, liegt Edek, der den Butt fing, als Franziskanermönch, Bürgermeister Ferber und Prediger Hegge in der geräumigen Bettkiste der Äbtissin Margarete Rusch, ist ihr Vater, der mit dem Schwert gerichtet wird, und hundert Jahre später, während des Dreißigjährigen Krieges, der Stadtmaler Möller und Dichter Opitz, die beide von derselben Magd und Köchin zehren: Agnes Kurbiella. Als August Romeike, Vater aller Töchter der Gesindeköchin Amanda Woyke, erlebt er im späten 18. Jahrhundert die Einführung der Kartoffel in Preußen, als Gymnasiast Friedrich Bartholdy ist er seiner lebenslänglichen Freundin Sophie Rotzoll treu und gleichzeitig Pastor Blech und Jean Rapp, Napoleons Gouverneur in Danzig, dem Sophie die Küche führt. Als die Ankerschmiede Stobbe und Stubbe ist er gegen Ende des 19. Jahrhunderts immer mit derselben Frau verheiratet, Lena Stubbe, die an einem »Proletarischen Kochbuch« schreibt, als Schriftsteller erzählt er in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts seiner Frau Ilsebill die ganze lange Geschichte: neun Köchinnen, dazu Sibylle Miehlau und der Vatertag 1963 in West-Berlin, dazu Maria Kuczorra, Kantinenköchin auf der Lenin-Werft in Gdansk. Während er erzählt, wird der Butt zum zweiten Mal gefangen, diesmal geht er in der westlichen Ostsee drei Frauen an die Angel. In einem Kino in Berlin, wohlbehütet in einer Zinkwanne schwimmend, wird er vor ein feministisches Tribunal gestellt: angeklagt als Berater und Förderer der Männersache von der Steinzeit an, als Weltgeist, Liebbuttchen. In diesem doppelten Rahmen beginnt und endet die große historische Auf- und Abrechnung, die Günter Grass in Der Butt entwirft. Als Erzähler, als der Mann, der in der Vorzeit den Butt fing, berichtet er seiner schwangeren Frau Ilsebill in neun Monaten von seinen Lebensläufen durch die Jahrhunderte; gleichzeitig wird gegen den Butt verhandelt. Das feministische Tribunal klagt am Beispiel von neun Köchinnen den Anteil der Frauen an der Geschichte der Ernährung ein, am Beispiel des Märchens »Vom Fischer un syner Fru« das Verhältnis der Geschlechter zueinander unter der Herrschaft der Männer und damit die ungeschriebene Geschichte der Frauen überhaupt: beides sind die großen Themen dieses Buches. -- »Ein Buch, mit dem man lange leben kann. Mit diesem Roman, nach dem sprechenden Plattfisch des Märchens benannt, geht es einem wie mit Menschen: Bestandsnummer des Verkäufers 86321
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