Die Bedeutung der Pfarrgemeinde für das spirituelle, soziale und wirtschaftliche Leben der Menschen im Mittelalter kann kaum überschätzt werden. Doch nicht allzu viel ist bisher über ihre mannigfaltigen Funktionen bekannt. Ein 2008 entdeckter Text aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, der hier vorgestellt und im Anhang ediert wird, liefert jedoch wertvolle Hinweise. Er verzeichnet im Detail die Einnahmen und Ausgaben der Kirchpröpste in und lässt so die materiellen Grundlagen des alteuropäischen Gemeindelebens erkennen. Mit der Überlieferung von Herkunft und Verwendung der Einkünfte der alten Pfarrkirche entsteht vor unseren Augen ein lebendiges Bild der vormodernen Verwaltungstechniken, der wirtschaftlichen und kulturellen Praktiken, des bereits arbeitsteiligen Handwerks und der religiösen Gebräuche in einer spätmittelalterlichen Gemeinde. Alles in allem wird eine starke Ökonomisierung der vorreformatorischen Pfarrgemeinde sichtbar, die ihren symbolischen und materiellen Mittelpunkt in der Pfarrkirche fand.
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