Críticas:
Mit großer Behutsamkeit und Sorgfalt hat Eva-Maria Glofke-Schulz ein hervorragendes Buch geschaffen, das dennoch nicht die ambivalente Haltung gegenüber behinderten Menschen aufheben kann. Empfehlenswert ist das Buch für jeden Leser, der offen ist für anthropologische Fragestellungen. Besonders angesprochen sind blinde und sehbehinderte Menschen, die sich auseinander setzen wollen mit ihrer Behinderung. (Retina aktuell 3/2007-105)
Dies ist ein Buch über eine schwere körperliche Behinderung, über Blindheit in verschiedenen Stadien und Ausprägungen. Die Verfasserin ist Transaktionsanalytikerin und Psychotherapeutin in freier Praxis, durch Retinitis Pigmentosa selbst seit einigen Jahren erblindet. Sie kennt aus eigener Erfahrung, wovon sie schreibt - gelassen, humorvoll, aber auch kritisch und scharf, wenn es um die vielfältigen Formen der Diskriminierung von Behinderten geht. Es ist das Buch einer Betroffenen, jedoch wohltuend anders als die gängige Betroffenheitsliteratur, wissenschaftlich fundiert, mit einer Fülle von Informationen und relevantem theoretischem Wissen, beeindruckend auch durch die Bildung und kultivierte Belesenheit der Autorin. Wer will, kann sich hier über Blindheit als spezielle Form der Behinderung in unserer Gesellschaft kundig machen, über soziale Reaktionen der Umwelt und über typische Bewältigungsversuche. Es ist aber auch ein Buch für die Selbsthilfe von Menschen, die von dieser Behinderung betroffen sind und die daraus entnehmen können, dass sie nicht allein sind und dass es Kräfte gibt, die helfen, in guter Weise mit der Behinderung zu leben. Es ist darüber hinaus ein Buch für alle Arten von Helfern, psychologischen Beratern und Psychotherapeuten, die mit Menschen arbeiten, die in dieser Weise vom Schicksal herausgefordert sind. Es ist doch so, dass viele Klienten, die in unsere Praxis kommen, ganz unabhängig von ihrem subjektiven Leiden Hilfe für Probleme suchen, die hauptsächlich mit dem Leben in unserer Wohlstandsgesellschaft zu tun haben. Auf das Hereinbrechen der Wirklichkeit in Form von Tod, schwerer Krankheit, wirtschaftlichem Ruin oder eben Behinderung sind die Helfer üblicherweise nicht eingestellt. Da ist mit »Methoden«, wie sie in Ausbildungsgängen vermittelt werden, meist nicht viel getan, und das Buch kann hier Bewusstheit und Hilfe bieten. All das sind mögliche Zugänge zu diesem Buch, was für den Reichtum der hier gebotenen Gedanken und Informationen spricht. Sich darauf zu beschränken, würde jedoch bedeuten, sich der Beunruhigung zu entziehen, die mit diesem Thema gegeben ist, und an der Chance vorbeizugehen, die das Buch dem Leser eröffnet. Es ist ein Buch über menschliches Leiden und über die Erblindung als eine der vielen Möglichkeiten der conditio humana, der Situation des Menschen in dieser Welt, mit der wir am liebsten nichts zu tun haben möchten. Hier wegzuschauen und alle möglichen Ausflüchte zu suchen, von der Verleugnung bis hin zu esoterischen Theorien und subtilen Schuldzuweisungen ist »menschlich«. Es hindert uns aber auch, über diese reduzierten Formen der Menschlichkeit hinauszukommen. In diesem Sinne hat die Verfasserin nicht allein ein Buch über die »Selbstwerdung« blinder und sehbehinderter Menschen geschrieben, sondern auch einen Anstoß für die persönliche Entwicklung ihrer Leser gegeben, soweit sie bereit sind, sich mit dieser bedrohlichen Möglichkeit menschlicher Existenz, der Behinderung und speziell der Blindheit auseinanderzusetzen. Das Buch hat zwei Schwerpunkte: »Sehschädigung als Stigma« und »Die Auseinandersetzung mit einer Behinderung als Prozess der Selbstwerdung - dargestellt am Beispiel Sehschädigung«. Besonders der erste Schwerpunkt kann für den Leser beunruhigend werden. Stigmatisierung, die Ausgrenzung eines anderen Menschen durch Zuschreiben eines schwerwiegenden Makels, ist ein fataler Mechanismus, dessen soziale Auswirkungen manchmal noch schwerer zu ertragen sind als z.B. die Behinderung selbst... (BUCHZEICHEN und Zeitschrift für Transaktionsanalyse)
Reseña del editor:
Die Konfrontation mit einer Behinderung erschüttert das Identitätserleben und bisherige Lebensentwürfe. Es gilt, die Behinderung seelisch zu verarbeiten und praktisch zu bewältigen und sich darüber hinaus mit Stigmatisierung und Ausgrenzung auseinanderzusetzen. Eva-Maria Glofke-Schulz zeigt am Beispiel Sehschädigung, dass erfolgreiche bewusste und unbewusste Krisenverarbeitung die Entwicklung der Persönlichkeit vorantreiben und dass aktives kritisches Engagement des behinderten Menschen einen dringend notwendigen kulturellen Wertewandel einleiten kann. Der Mensch wird dabei als aktiv handelndes Subjekt auf der Suche nach Sinn und seelischem Wachstum verstanden. Umfangreiches wissenschaftliches Material wird durch zahlreiche Fallbeispiele und Erfahrungsberichte veranschaulicht und durch Anleihen aus Philosophie, Theologie, Mythologie und Dichtkunst bereichert. So entsteht ein umfassendes Handbuch zum Thema Leben mit einer Sehschädigung oder Erblindung für Betroffene, Angehörige und Professionelle!
„Über diesen Titel“ kann sich auf eine andere Ausgabe dieses Titels beziehen.